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Kommentar: Darum brauchen wir das Anschreiben bei Bewerbungen nicht
Kultur

Kommentar: Darum brauchen wir das Anschreiben bei Bewerbungen nicht

"Wir müssen Talenten zuhören und verstehen, was sie brauchen"

02.08.2018 Autor*in Sabine Josch (Gastkommentatorin) Lesedauer: 2 Minuten
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich dagegen, Anschreiben von ihren Bewerbern zu fordern. Die Digitalisierung schafft Alternativen, den Bewerbungsprozess schneller, bequemer und effektiver zu gestalten. Sabine Josch, OTTO-Personaldirektorin, gibt Einblicke und zieht ein erstes Fazit.

In der aktuellen Debatte um das Anschreiben bei Bewerbungen sollte es nicht darum gehen, ob Schüler in der Lage sind, solch ein Motivationsschreiben zu verfassen oder nicht. Ziel sollte es sein, zu verstehen, was sie brauchen. Das Anschreiben abzuschaffen, ist aus unserer Sicht sinnvoll – und das nicht nur für Azubis, sondern für alle Berufsgruppen und -stufen. Unternehmen müssen stärker lernen, ihren Bewerbern zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, wenn sie Talente für sich gewinnen wollen.

Deshalb haben wir uns bei OTTO schon vor zwei Jahren dazu entschieden, keine Anschreiben mehr zu fordern. Wir setzen bei unseren Recruitingprozessen auf die Digitalisierung. Außerdem suchen wir besonders viele Tech-Talente. Sie können sich das so vorstellen: Sie sitzen in der Bahn, scrollen mit Ihrem Smartphone durch Jobbörsen und stoßen auf eine interessante Stelle. Wie geht’s dann weiter? Nach Hause fahren, PC anschmeißen, den Lebenslauf aktualisieren und ein Anschreiben verfassen? Wir machen es unseren Bewerbern so bequem wie möglich: Stelle gefunden, mit XING- oder LinkedIn-Profil bewerben, zwei kurze Fragen beantworten und abschicken. Damit gestalten wir die Hemmschwelle, sich zu bewerben, so gering wie möglich. Denn nicht nur Azubis, sondern auch Fachkräfte tun sich schwer mit dem Anschreiben. Laut einer Umfrage ist jeder zweite Bewerber abgeschreckt oder genervt vom Anschreiben. Viele empfinden es als Zeitverschwendung, wüssten nicht, was sie schreiben sollten, oder setzen das Anschreiben mit einem Besuch beim Zahnarzt oder einer Prüfung gleich.

Viele setzen das Anschreiben mit einem Besuch beim Zahnarzt oder einer Prüfung gleich.

Sabine Josch , Personaldirektorin OTTO

Bewerbung ohne Anschreiben, eine richtige Entscheidung

Unsere Entscheidung, das Anschreiben nicht mehr zu fordern, war genau die richtige. Rückblickend stellen wir fest, dass unsere zwei Motivationsfragen, die bei der Bewerbung beantwortet werden, viel aussagekräftiger sind als gewöhnliche Anschreiben. Wir als Unternehmen bekommen Antworten auf genau die Fragen („Warum ich“ und „Warum dieser Job“), die uns interessieren. Alles andere im Anschreiben ist meist nur schmückendes Beiwerk. Unsere Experten können aus diesen zwei Antworten mehr Schlüsse ziehen, arbeiten sich schneller durch den Bewerbungsprozess und stellen im ersten Gespräch gezieltere Fragen. Davon profitieren unsere zukünftigen Talente ebenso wie wir. Die Kandidaten bekommen so auch schon im Bewerbungsprozess einen Einblick, wie wir bei OTTO arbeiten: persönlich, unkompliziert, digital und schnell.

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